Freitag, 7. Oktober 2011

Japan-Tag beim HarbourFront Literaturfestival

Bereits vor längerer Zeit hatten die Macher des HarbourFront Literaturfestivals die Idee, einen Japan-Tag im Rahmen dieses Festivals zu veranstalten, das bundesweit zu den bedeutendsten Literaturfestivals zählt, obwohl es in diesem Jahr erst zum dritten Mal stattfand. Mit tatkräftiger Unterstützung von japanischer Seite, darunter vor allem seitens des japanischen Generalkonsulats in Hamburg, konnten die Veranstalter einen sehr abwechslungsreichen Tag dem zahlreich erschienenen Publikum bieten, der den Bogen von der Tradition bis zur Gegenwart am Beispiel ganz unterschiedlicher Künste spannte.

Nach Grußworten von Heinz Lehmann für die Festival-Leitung und Generalkonsul Setsuo Kosaka durften dabei die Japanfreunde Hamburg den Auftakt mit einer Lesung der schönsten japanischen Märchen und Samurai-Geschichten machen. Dabei zeigten sich nicht nur erstaunliche Parallelen zwischen deutschen und japanischen Märchen, die Neu-Übersetzung der klassischen Stoffe in die heutige deutsche Gegenwartssprache machte auch deutlich, wie aktuell viele der Märchen auch heute noch sind - vor allem, wenn man sie als Charakterstudien über die menschliche Natur oder als amüsante Parabeln auf die Krisen der Gegenwart zu lesen geneigt ist.


Wer traditionelle Märchen nicht aus heutiger Sicht interpretieren mochte, erfuhr beim Zuhören quasi ganz nebenbei viel über japanische Kultur und wichtige mentalitätsgeschichtliche Einflüsse, beispielsweise ein typisches Beispiel buddhistischen Denkens anhand der Samurai-Geschichte "Das Duell des Schreckens". Ein Mitschnitt dieser Geschichte und ein paar fotografische Eindrücke vom Japan-Tag sind hier zu sehen und zu hören - wenngleich das unaufhörliche geschäftige Treiben in der Hafen-City es unserem Tontechniker nicht ganz leicht gemacht hat:


Im Anschluß daran gab die bekannte Tee-Meisterin Kazuko Chujo eine Einführung in die japanische Teezeremonie. Wie auch bei ihren beliebten Einführungen in die Teezeremonie im Teehaus von Planten un Blomen verwöhnte sie auch diesmal die Gaumen der Anwesenden nicht nur mit erstklassigem Grüntee (dessen richtige Zubereitung - das Schaumigschlagen - tatsächlich eine Wissenschaft für sich ist, damit es auch meisterhaft schmeckt), sondern auch mit einer sehr leckeren, typisch japanischen Süßigkeit.

Vor seinem Konzert in Glinde (siehe vorausgegangenem post) gab hier Shamisen-Spieler und Taiko-Trommler Yoshiyuki Kimura bereits schon einmal eine Kostprobe seines außergewöhnlichen Könnens an den Trommeln. Ein eindrucksvoller musikalischer Leckerbissen, besonders auch für alle, die sich bereits gut mit Taiko auskennen.


Der eigentliche Höhepunkt des Abends sollte jedoch noch folgen. Vorbereitet durch einen Vortrag von Dr. Andreas Regelsberger, der einen einführenden Überblick über die moderne japanische Literatur gab, las die junge Schriftstellerin Risa Wataya aus ihrem Buch "Hinter deiner Tür aus Papier", wobei die deutsche Übersetzung von Annalena Schmidt vorgetragen wurde. Wataya kann in ihrer Heimat auf beeindruckende Erfolge bei Leserschaft und(!) Kritikern zurückblicken, so erhielt sie wie die in diesem Jahr in Hamburg ausführlich geehrte Yoko Tawada ebenfalls den Akutagawa-Literatur-Preis, der auch bei uns mittlerweile sehr bekannt sein dürfte und nach wie vor als einer der drei bedeutendsten, wenn nicht gar als DER bedeutendste japanische Literatur-Preis gelten kann. Im Anschluß an die Lesung hatte das sehr zahlreich erschienene Publikum Gelegenheit, seine eigenen Fragen an die Autorin zu richten.


So ging eine sehr gelungene Veranstaltung zu Ende, die im Unterschied zu vielen anderen Veranstaltungen mit Japan-Bezug in der Hansestadt endlich einmal den Vergleich mit Veranstaltungen in den Hauptstadtmetropolen nicht zu scheuen brauchte.

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